"the crow"

  • von ichbinein@koenigskind.at
  • 14 Nov., 2019

In letzter Zeit sind mir immer wieder mal Krähen in mein Leben geflattert. Ich spreche hier nicht von den mehr oder weniger zufälligen Begegnungen am Felde, am Straßenrand, hoch oben auf der Laterne (der Vogel- nicht ich...), oder während des abendlichen Spazierengehens, wo mir die Vogelschar auf dem Weg zu ihren Schlafplätzen über den Kopf saust. Mein Stelldichein mit den gefiederten Freunden glich eher einer Verabredung.


Neulich lag ich ganz unbekümmert in meiner Hängematte, Wolke für Wolke zog in meinem Freiluftkino an mir vorbei. Urplötzlich landete eine überaus stattliche, schwarzgraue Krähe auf meinem Hausdach. Da ihr Landevorgang direkt in meinem Blickfeld lag, und mir der Rabenvogel als ein außergewöhnlich prächtiges Exemplar erschien, verabschiedete ich mich, mit einem freundlichen Zwinkern von einem dicken Wolkenelefanten (der sich gerade, fast so wie ein kleines Schlossgespenst, in ein tiefes Blau auflösen wollte). Die Krähe jedoch blieb. Egal, was ich auch anstellte, unbekümmert starrte sie mir -einmal mit dem linken Auge, dann wieder mit dem rechten Auge- direkt ins Antlitz. „Na gut, du Aaskrähe du, lass uns Bockschauen spielen! Der Verlierer wandert in den Suppentopf!“

Nach circa fünf (unendlichen) Minuten musste ich aufgeben. Das ganze Spiel wurde mir allmählich unheimlich. Warum in aller Herrgottsnamen machte die dunkle Gesellin keinerlei Anstalten flüchten zu wollen? Ich war doch größer, gefährlicher und motivierter als sie?! Obwohl ich dieses Match verloren hatte, verschonte mich meine animalische Kontrahentin. Ich endete nicht als übergroße Suppeneinlage.

 

Mit dieser nahezu außerweltlichen Begegnung war noch lange nicht Schluss. Kurz nach dem Bockschau-Contest segelte die beste Freundin der strahlenden Siegerin im Tiefflug bei mir vorbei und pfefferte mir, unter schallendem Gekrächze, einen riesengroßen „Guano-Dünger“ direkt vor die große Zehe - „Vergelts-Gott, ich dünge in diesem Jahr mineralisch!“

 

Approximativ vier Stunden später, es war bereits halb 9, also Kinderschlafenszeit, klopfte es an unserer Haustüre. Eine benachbarte Freundin meiner Tochter stand vor der Türe und strahlte über das ganze Gesicht. Ein wahrhaftig seltener Anblick zu dieser fortgeschrittenen Uhrzeit. Solltet ihr jetzt der Annahme unterliegen, der kleine blonde Stöpsel hätte sich, vor meinen eigenen Augen, in eine pechschwarze Krähe verwandelt, und wäre in einem wagemutigen Manöver durch meine erstarrten O-Beine, direkt ins Zimmer meiner Tochter geflattert, und hätte meinen schlafenden Schatz, in ihrem goldenen Schnabel, (sachte) in Richtung Vollmond entführt, so liegt ihr... goldrichtig! Woher wisst ihr das?

Als wäre alles nur ein Traum gewesen, lag klein Mia am nächsten Morgen weich gebettet in ihrem rosa Zimmerchen, eine schwarze Feder in ihrer linken Hand. (Es könnte sich aber auch folgend zugetragen haben: Trotz fortgeschrittener Abendzeit hatte es sich das einzigartige Zwergerl namens Elisa nicht nehmen lassen, meiner schlafenden Tochter, eine wunderschöne, gleichmäßige, pechschwarze Krähenfeder zu schenken, und ist sogleich wieder im Nachbarshäuschen verschwunden. Danke für das wertvolle Geschenk!)

 

Schön langsam nähern wir uns dem ultimativen Höhepunkt meiner Krähenjagd (beziehungsweise des Kesseltreibens der Federviecher auf meine Person). Es geschah im Walde. Nicht mal einen ungestörten Schritt vermochte ich zu gehen, da tauchte am Rand des schmalen Pfades ein tiefenentspannter Rabenvogel auf. Er stellte sich mir förmlich in den Weg, fast so als wollte er mir die Richtung weisen. Ein weiteres Spiel möge beginnen.

Das Krähenwesen startete geschickt mit dem ersten Spielzug, in diesem es zwei Hopser nach links machte und drei nach vor. Ich tat es ihm gleich. Man stelle sich dieses Szenario bildlich vor: ein quietschvergnügter, zwei Meter langer Lulatsch, der mit einer selbstverliebten, dicken Krähe durch den Wald hüpft. Unser illustres Tempelhüpfen ging eine gute Weile so hin und her. Nach ein paar gehopsten Metern machte der Pfad eine Schleife. Der Rabenvogel legte vor und verschwand mit einem mächtigen Satz hinter dem ersten Abschnitt der Biegung. Einen Bruchteil einer Sekunde später wollte ich es ihm gleich tun und legte mich ordentlich in die Kurve. Allmählich begann mir die im Zeitlupentempo stattfindende Verfolgungsjagd richtig Spaß zu machen.

Ich fühlte mich wie der Louis Hamilton in Höchstform, mein Kontrahent, der smarte Sebastian Vogel, war jedoch, zu meiner großen Verwunderung, nicht mehr ausfindig zu machen. Warum hatte ich meinen gefiederten Spielkollegen nicht aus der Kurve fliegen sehen? Ist das möglich!? Plötzlich raschelte es direkt neben mir im Gebüsch. „Habe ich dich wieder Sebi Baby! ... Allerdings ... im Miniatur-Format!?“ Aus dem Dickicht kam mir haargenau der gleiche Rabenvogel von vorhin entgegen gehopst, im exakt identen äußeren Erscheinungsbild, jedoch im 1/3 Maß. Der kleine Fratz sah mich mit seinen kugelrunden, schwarzen Knopfaugen auffordernd an, neigte seinen Kopf leicht nach links, dann nach rechts, und fuhr, als wäre nichts geschehen, mit dem Fangspiel fort. In dieser neuen, etwas mickrigeren Gestalt war der ehemalige Riesen-Rabenvogel etwas fragiler anzusehen und bei weitem unbeholfener. Als es der Grünschnabel endlich eingesehen hatte, dass er in dieser Form nicht die geringste Chance gegen mich hatte (dieser Punkt ging also an mich), krallte er stagnierend auf einen mannshohen Busch. Ich nahm unter ihm auf einem Baumstumpf Platz.

Nach einer winzigen Verschnaufpause und einem fairen Hand zu Krallen „gib Check“ wollte ich mich bei meinem Spielkameraden verabschieden. Er hingegen machte keinerlei Anstalten sich in die Lüfte schwingen zu wollen. Um ehrlich zu sein, wirkte der Jungvogel fast ein wenig hilflos. Es dämmerte mir schön langsam: der kleine Fratz konnte vielleicht noch gar nicht fliegen. Ich forderte ihn auf: „Komm mein Krähenkind - flieg‘, du kannst doch fliegen!“ Er konnte -oder wollte- seine weichen und zarten Flügel nicht bewegen. In dem Moment nahm ich ein lautstarkes Gekrächze hoch oben in den Pappeln wahr. Das mussten wohl seine Eltern gewesen sein. Diese Kommunikation auf „hekräisch“ verstummte aus heiterem Himmel. Es war gar nichts mehr zu hören. Ich hielt meinem ehemaligen Sportsfreund noch ein Weilchen die Treue und zog weiter.

Je weiter ich mich von diesem unscheinbaren schwarzen Pünktchen, das da mitten im tiefsten Walde auf seinem Busch kauerte, entfernte, desto größer wurde der Kloß, den ich in meinem Hals spürte. Ein Rabenvogel dieser Größenordnung hatte so nahe am Waldboden nichts zu suchen. Am Speiseplan eines Fuchses, Dachses, Marders oder entlaufenden Hundes zu landen, lag weder im Interesse des Krähenfußes, noch in meiner Idee, wie das Waldmärchen zu enden hätte. Ich machte kehrt und lief, in für mich ungewohnt rasantem Tempo, zurück zum Krähenbusch. Kurz vorm Ziel bildete ich mir sogar ein, den Soundtrack des US-Movies „the crow“ zu hören. Schweißüberströmt hechtete ich mich mit letzter Kraft vor die Krähenfüße meines -sich doch in so großer Not befindenden- neuen Freundes. Da lag ich nun. Der kleine Vogel sah mich verwundert an, neigte seinen Kopf einmal kurz nach rechts, dann nach links, und kauerte sich wieder zusammen.

Jetzt wollte ich es definitiv wissen. Es erschien mir als ungewöhnlich, dass mich eine Krähe so nahe an sich heranließ. Es musste ihr irgendetwas fehlen! Gibt es in etwa tollwütige Krähen? Nur noch eine Armlänge war ich von dem Krähenkind entfernt. Sie sah mich an und ich sie. Keiner von uns Beiden hatte Berührungsängste oder war auch nur auf irgendeine Weise beunruhigt. Wir hatten ja ausreichend Zeit uns miteinander zu akklimatisieren. Ich fühlte mich ein wenig wie der Franz von Assisi (mein großes Idol aus der Kindheit). Alles um uns herum strahlte in einem tiefen Grün, die Sonne bahnte sich ihren Weg durch die Baumkronen, die Zeit schien still zu stehen. Kurz bevor der finale Akt der ersten Berührung geschehen konnte, trat das, deutlich in der Ferne wahrzunehmende, aufgeregte Gekrächze der zurückkehrenden Krähen-Sippe in den Vordergrund.

Ich wusste, dass meine gefiederte Freundin ab sofort in Sicherheit war. Das spürte ich bis in die letzte Zelle meines Körpers. Erleichtert überließ ich das Krähenkind dem Lauf der Dinge und entfernte mich schließlich aus der „heißen Zone“. Hoch oben in den Baumriesen konnte ich bereits zwei große schwarze Rabenvögel erspähen. Unten im kleinen Busch winkte mir Klein-Krähe mit ihrem linken Flügel. Hochachtungsvoll verabschiedete ich mich bei meiner gefiederten Freundin, die unbekümmert und still auf ihrem Ästchen saß und der Flugrettung ihrer mächtigen Oldies harrte.


*


Es hätte mich keinesfalls aus dem Gleichgewicht geworfen, wenn sich die kleine Krähe vor meinen Augen in einen Zauberer oder eine Hexe verwandelt hätte und mir mit krächzender Stimme „die Botschaft schlechthin“ übermittelt hätte. All das wäre jedoch ausschließlich etwas für einen mittelprächtigen Walt Disney Film. In meiner/der Realität haben das Krähenkind, seine groß-schnäbeligen Eltern und ich miteinander gespielt, und ich habe mich auf dieses Spiel eingelassen. Die Situation hat für sich und aus mir gesprochen. Ich bekam genau die Antwort, die ich brauchte. Die Krähenfamilie hat mir auf wundersame Weise gedient:


~ Ich habe das Krähenkind dazu aufgefordert, sich in sein Element -in die Lüfte- zu schwingen. „Du kannst doch fliegen, so flieg‘! Du hast Flügel, so traue dir in der Tat was zu!“, waren meine Worte. In Wirklichkeit sprach ich -durch die Krähe- mit mir selber:

„Giovanni geh‘! Gehe in deine Freiheit! Warum zögerst du noch? Traue dir etwas zu!“


~ Offensichtlich war es mir ein Anliegen, das Krähenkind, aus dem dunklen Dickicht, zu befreien. Ich habe es meiner gefiederten Freundin nicht zugetraut aus eigener Kraft durchzukommen. Immerhin hatte sie zwei gesunde Füße mit denen sie sich ganz gut fortbewegte. Sie konnte auf jeden Fall nach Würmern, die in der Erde lagen, suchen, beziehungsweise sich ein halbwegs sicheres Plätzchen organisieren, eventuell sogar erste eigenständige Flugversuche unternehmen. Gerade, als ich die Miniatur-Krähe schnappen wollte, um sie in die Freiheit zu katapultieren, hörte ich die aus der Ferne herannahenden Eltern lautstark krächzen. Die (noch viel ehrlicher gemeinte) Hilfe nahte. Was wollte mir das Krähen-Orakel damit prophezeien?

„Giovanni, so ausweglos die Umstände manchmal auch erscheinen mögen, du bist immer in Sicherheit! Greife nach nichts und niemanden! Übe dich in Gelassenheit und habe unerschütterliches Vertrauen in dich und deine Umwelt!“

 

Da ich mich bereits eingehend mit der Aussagekraft so mancher schamanischer Krafttiere beschäftigt habe, konnte ich meine Erfahrung ganz gut deuten. Die alten Germanen zum Beispiel sahen im Krafttier Krähe eine Wesenheit, welche am Rande des Weges wartete, um die Kräfte von Helden/Heldinnen zu prüfen. Es heißt aber auch, dass sie in Kooperation mit den Nornen die Schicksalsfäden webten und anstehende Ereignisse voraussagen konnten. Die Kelten wiederum glaubten an Feen, die sich manchmal in Krähen verwandelten, um Nachrichten aus der Anderswelt zu überbringen. Die Kriegsgöttin und Göttin der Unterwelt -Morrigan ihr werter Name- tauchte oft in Schlachten im Körper einer Krähe auf, um nach dem Kampf die dahingeschiedenen Seelen zu sich zu holen. Sie besaß die Macht, manchen von ihnen wieder Leben einzuhauchen, und schickte die Krieger wieder zurück auf das Schlachtfeld. Viele heilige Schriften und Rituale indigener Völker stehen unter dem Schutz der Krähe. Sie gilt als die Hüterin der heiligen Gesetze, wird des Öfteren mit dem Okkultismus in Verbindung gebracht, und spielt auch noch heute eine zentrale Rolle in der Magie und der Mystik.


Die Autorin Birgit Schweikart hat dem Krafttier Krähe folgende Eigenschaften zugeordnet:

„Wer einer Krähe ins Auge blickt, so heißt es, der kann die Pforte in die Welt alles Übernatürlichen sehen. Die Krähe weiß um alle Geheimnisse und hütet die heiligen Gesetze. Wer die Krähe als lebenslanges Krafttier hat, zeichnet sich für gewöhnlich durch hohe Intelligenz und eine schnelle Auffassungsgabe aus. Die Krähe verleiht die Kraft der Kreativität und innovativen Geist. Von der Krähenkraft kannst Du auch profitieren, wenn die Krähe als Helfertier für eine bestimmte Situation oder zur Klärung wichtiger Fragen zu Dir kommt. Die Kraft der Krähe ist besonders wichtig, wenn Du aus Vergangenheit und Gegenwart Schlüsse für Deine Zukunft ziehen möchtest, Du zur Spiritualität (zurück)finden möchtest, oder Du ein Ungleichgewicht oder eine Ungerechtigkeit wieder ins Lot rücken willst.“


Die österreichische Schamanin Katharina Linhart traf mich mit ihrer Beschreibung des Krafttiers Krähe mitten ins Herz:

„Die Krähe zieht die Schleier weg und lässt nicht zu, dass Du Dir Deine Leichen im Keller nicht ansiehst. Sie möchte Dich ermutigen, wachen Auges die Spiegelpartner in Deinem Leben einer sorgfältigen und gründlichen Überprüfung hinsichtlich Deiner Handlungstendenz anzusehen. Zögere nicht, sondern bring Licht in die dunklen Bereiche. Es gilt gewahr zu sein, achtsam und flink zu reagieren, wenn von Nöten. Nur wenn Du Deine Schatten kennst, hast Du die Kontrolle/Annahme darüber und wirst nicht zum Spielball von Bedürfnissen aus den Tiefen Deiner Seele. Durch das aktive Bewusstsein erfährst Du von ihr die Kunst des "Shape-shifting" (Gestalten wandeln) und kannst Dich wie Cerridwen als Krähe über die imaginären Schlachtfelder des Lebens erheben.“

 

Tagtäglich kommen wir in den Genuss, ein so unglaublich sagenumwobenes und mächtiges Tier, als unseren alltäglichen Begleiter behaupten zu dürfen. Die meisten von uns sehen in dem dunklen Federvieh nichts als einen lästigen, zur Plage gewordenen Schädling. Der Krähenclan schwebt uns nicht umsonst, in der Häufigkeit und Vehemenz, über den Weg. Während der Rabe seine Geheimnisse hütet, so liegt das genaue Gegenteil im Interesse der Krähe. Sie lüftet unsere Geheimnisse und durchschaut die große menschliche Geheimniskrämerei. Genauer gesagt, unterstützt uns die Krähe als Krafttier dabei, die eigene Wahrheit aufzudecken, Scharlatane zu enttarnen und die eigenen Schattenseiten zu erforschen – ohne das wir uns dafür in die Welt der Toten begeben müssen. Da hat sie sich ja einiges vorgenommen -die Krähe- in unserer westlichen Welt!


***


„Du, der mich gerade liest, weißt du warum du da bist und diese Zeile studierst? Hast du jemals deine Existenz in Frage gestellt? Und wer liest den Text?“

 

Die äußere Welt ist nichts als eine Projektion deiner inneren Welt. Die dreidimensionale Erscheinung des Krähentiers war eigentlich nebensächlich, es war mehr die Krähe in mir, die sich durch mich (und für mich) ihr Sprachrohr verschaffen wollte. Ich habe ihre Botschaft verstanden und meine Schlüsse daraus gezogen. Wie bereits erwähnt, bringt das Geisteswesen des Krafttiers Krähe alle Lügen, Unaufrichtigkeiten und mutierenden Auswüchse an die Oberfläche. Die Krähe prüft ihre Helden und Heldinnen auf ihre Tauglichkeit. Alles, was nicht dem „Regenbogenmenschen“ (d.h. deiner wahren Herkunft und Bestimmung) entspricht, wird auf irgendeine Art und Weise selektiert beziehungsweise transformiert. Der Stein der Wahrheitsfindung wurde ins Rollen gebracht und niemand kann ihn mehr aufhalten.

 

„Sei getrost eine Heldin und sei ein Held! Dich klein zu halten dient der Welt nicht. Du bist geboren, um die Größe dieses Universums, die in dir lebt, zu verwirklichen. Und diese Größe ist nicht nur in einigen Auserwählten von uns, sie ist in jedem Menschen.“


Sollte dir irgendein überdrehtes Menschenkind einbläuen wollen, dass du ihm blindlings zu folgen und zu gehorchen hättest, hat er/sie doch zwei Doktortitel, Geld wie Heu und ist obendrein die höchste Instanz deines Unternehmens, so sehe gelassen über dieses egozentrische Verhalten hinweg. Lass den sogenannten Obrigkeiten doch ihre Machtspielchen, die vernaschen sich schon gegenseitig (bis sie, ehe sie es sich versehen, auf der Parkbank neben dir sitzen). Sprich nicht von den großen Machthabenden und dich kleinem Würstchen. Lass auf keinen Fall mit dir spielen: du weißt doch über deine Qualitäten Bescheid!?

Wenn dein Vorgesetzter (oder wer auch immer) glaubt, sich vor deinen Augen einen Lorbeerkranz aufsetzen zu müssen, oder vielleicht sogar damit beginnt, dir mit seinem „Top oder Flop Daumen“ im Gesicht herumzufuchteln, spätestens dann ist definitiv der richte Zeitpunkt gekommen, dich kerzengerade aufzurichten und besten Gewissens einen kleinen Märtyrertod zu sterben und schlichtweg zu kündigen (deinen Job, eine Beziehung,... was auch immer deinem Erblühen im Wege steht). Sei nicht zu eitel und schau, dass du dich so rasch wie möglich aus deiner belastenden Lebenssituation befreist. Lasse dich nicht bewerten, verurteilen, selektieren, manipulieren und kategorisieren. Dafür bist du VIEL zu wertvoll! Eine Türe mag zwar zu gehen, das Portal in den nächsten, vielleicht sogar viel wertvolleren Raum wird sich dir unter Garantie öffnen.


Trust! Du musst es dir nur Wert sein.


Sollte dir nach ein wenig Entertainment zu mute sein, so könnte dein Abschied (in diesem Fall von deinem Job) in etwa so aussehen:


Die emotionale Variante:

Unangemeldet betrittst du das Büro deines Bosses und begrüßt ihn kaltschnäuzig mit „Ave Cäsar“. Schaue ihm dabei tief in die Augen und empfehle ihm, sich seinen Daumen doch bitte in die Nase zu stecken. Kurz bevor sich der Vorhang für ein und allemal schließt sprich nur noch diesen einen einzigen Satz - „Only God can judge me!“ (du bist dir mittlerweile hoffentlich über deine göttlichen Anteile im Klaren). Nach vollbrachter Tat setze dich in dein Auto und fahre für zwei Tage ans Meer. Verbringe diese Zeit mit dir selbst. Trinke und rauche was das Zeugs hält. Ertränke deine Sorgen im tiefen Blau des Wassers und spüre die salzige Brise auf deiner Haut. Sei ganz da, vollständig lebendig und bereue nichts...


Die rationale Variante:

Unterschreibe einfach deine Kündigung, stelle keinerlei Anforderungen, sei keine Bittstellerin und schreite still und erhobenen Hauptes in deine Freiheit! Wisse, dass du ab sofort viel viel weniger brauchen wirst, als du denkst! Habe unerschütterliches Vertrauen...


*


Nur wer Gutes tut und gut (zu sich selber) ist, und dies auf eine unaufgeregte, stille und demütige Art und Weise praktiziert, bewegt sich in der kosmischen Ordnung. Die Macht an sich verdirbt den Charakter eines Menschen nicht, sie bringt ihn viel mehr ungetrübt zum Vorschein (das Gleiche gilt übrigens für unsere Dollars). Der Dalai Lama, Martin Luther King, Gandhi, Nelson Mandela, sowie die Mutter Theresa, Jeanne d'Arc, Simone Veil (die Welt braucht eindeutig mehr weibliche Heldinnen, die auch als solche anerkannt werden: Mütter zum Beispiel) waren bzw. sind ja nicht gerade „ProtzerInnen“. All diese Persönlichkeiten, die wohl wahrhaftig „larger than life“ waren/sind, lebten/leben in ganz normalen und simplen Verhältnissen. Sie sind normaler als die normalsten BürgerInnen.


Es sollte jedem Bewohner unseres Planeten möglich sein, ein kleines (Ziegel, Lehm, Holz, Boots...) Häuschen für seinen Rückzug, ausreichend Nahrung und Wasser, Frieden, (Meinungs-)Freiheit und genügend Zeit fürs Reisen (sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad, Auto, oder wenn’s sein muss Flugzeug) genießen zu dürfen. Dies wäre bei gerechter Verteilung der weltweiten Güter durchaus machbar. Wir würden alle davon profitieren - reich wie arm.


Das Geben und das Nehmen, und dies zu genau GLEICHEN Anteilen, ist eine große Wohltat und birgt eine noch größere Erlösung in sich. Unser System, das des pathologischen Festhaltens, könnte sich wieder zur Gänze ausheilen.


Jede einzelne Leiche, die wir in unserem Keller versteckt haben, könnte in einem feierlichen Akt der Vergebung, Dankbarkeit und Wiedergutmachung für immer den ewigen Jagdgründen übergeben werden. Dazu müssen unsere dunklen Anteile, ohne ein Wenn und Aber, und ohne falschem Stolz, dem Licht der Welt ausgesetzt werden. Der Grinzinger Immobilienhai würde mit dem obdachlosen Mitbürger vom Praterstern, in ein und demselben Fluss, in Richtung Insel der Seligen floaten. Um dies zu realisieren sind freilich ein grundlegender Bewusstseinswandel und ein „Brachial-Akt“ an Mut unumgänglich. Alles, was nicht vollständig dazu bereit ist, dieser bedingungslosen kollektiven Freiheit, auf irgendeine Art und Weise, den Ausdruck zu verleihen, ist früher oder später so oder so dem Untergang geweiht. Widerstand ist zwecklos. Gerade die Widerstände unseren anstehenden Veränderungen gegenüber, oder anders ausgedrückt, das Anhaften an unseren gewohnten Mustern, sind der größte Stolperstein auf dem Weg in unsere Erlösung. „Game Over“ Selbstbetrug, Hochmut, Geiz, Angst, Sicherheitsdenken, Machthunger und Getrenntheit! Der Löwe wird mit der Gazelle kuscheln, und die Krähen werden sich über Nacht in die dichten Nebel der Unterwelt zurückziehen (daher der Name Nebelkrähe :-)… ausgedient!


grazie e arrivederci corvo…